Geht der Respekt innerhalb der Gesellschaft verloren, oder sind wir sensibler geworden?
21 November 2019
Michael: | Ich verfolge diese Diskussion in Deutschland, ob die Gesellschaft verroht und die Menschen respektloser miteinander umgehen, nun schon eine ganze Weile. Man hört immer wieder Meldungen über Kleinkrieg im Straßenverkehr, Gewalt gegen Polizisten und schlecht erzogene Schüler. Letztens habe ich ein Interview in der Süddeutschen Zeitung gelesen, in dem dieses Thema noch einmal aufgegriffen wurde. Und zwar wird dort die These aufgestellt, die Deutschen seien nicht etwa respektloser geworden, sondern sensibler und weniger obrigkeitshörig gegenüber Autoritäten. Diese Sensibilität bezieht sich auf den Umgang der Menschen miteinander und darauf, dass heute vermehrt auf etwas hingewiesen wird, das nicht in Ordnung ist. Was früher vielleicht einfach so akzeptiert und verschwiegen wurde, wird nun öffentlich diskutiert und die Opfer schweigen nicht mehr so häufig. Dadurch wird der Anschein erweckt, dass der Respekt fehlen würde. In Wirklichkeit sind die Menschen aber kritischer geworden. Ein Beispiel dafür ist die „me too“-Bewegung. |